Wikileaks tut es …so wie es auch GuttenPlag Wiki tut – enthüllen, was viele Leute schon geahnt haben oder völlig neue Skandale aufdecken. Seien es Doktorarbeiten, wie die von unserem Herrn Verteidigungsminister Zu Guttenberg oder intime Machenschaften von angesehenen Politikern. Nichts scheint mehr verborgen zu bleiben! Die Politiker haben wohl längst verloren… Die Folge ist ein Kontrollverlust für die Machthabenden oder auch für uns „Normalbürger“?! Was könnte dieser Kontrollverlust für Konsequenzen beziehungsweise Auswirkungen auf das zukünftige Handeln von Menschen haben?
Was genau bezeichnet ein solcher Kontrollverlust überhaupt? Eine treffende Definition liefert Michael Seemann in seinem Blogbeitrag „Vom Kontrollverlust zur Filtersouveranität“:
„Ein Kontrollverlust entsteht, wenn die Komplexität der Interaktion von Informationen die Vorstellungsfähigkeiten eines Subjektes übersteigt.“
Liebe Politiker – lebt damit!
„We open governments„, (=“Wir machen Regierungen transparent“), so lautet das Motto von Wikileaks. Und diesem werden die Mitarbeiter um Julian Assange – dem Sprecher und bekanntestem Mitarbeiter der Whistleblower-Plattform auch gerecht. Kaum ein Politiker kann sich heutzutage mehr sicher fühlen – denn Entscheidungen werden nicht mehr hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen. Die bislang verborgenen Informationen sind für die Gesellschaft transparent. So scheint es auch nicht verwunderlich, dass die Wikileaks-Plattform mit teils heftiger Kritik kämpfen musste und weiterhin muss. Verständlich, wenn man bedenkt dass diese doch das Gesamtsystem herausfordert. Was also tun? Ob Zensur die richtige Entscheidung ist halte ich für sehr bedenklich und auch Michael Seemann, der durch seine Aktivität als Blogger und Twitterer zum Thema „Kontrollverlust im digitalen Zeitalter“ bekannt ist, plädoyert für die „Akzeptanz dieser neuen, unkontrollierbaren Transparenz.“ (Zeit.de „Wikileaks ist das Napster der Regierenden“)
„Politiker können Wikileaks zwar behindern, aber gewinnen werden sie nicht – also Politiker -lebt damit!“
Das Worst-Case-Scenario
Wie könnten die Auswirkungen des Kontrollverlustes im digitalen Zeitalter nun aussehen?
Speziell für Politiker – und die, die es werden wollen – Werden sie nun alle zu unauffällige Duckmäusern ohne Profil? Zu Leuten, die sich niemals für jemanden oder etwas mutig aus dem Fenster lehnen? Und die auch im Privatleben nichts riskieren aus Angst vor Fehlern, die irgendwann ans Licht kommen könnten und dann niemals mehr „vergessen“ werden? Denn es ist schießlich bekannt: „Das Internet vergisst nichts!“
Für andere Menschen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen – also Stars, Unternehmergrößen, Wettermoderatoren etc. Werden auch sie immer mehr ihr Leben für die Öffentlichkeit „designen“ – bis hin zum bewusst lancierten Skandalfoto, wenn die Karriere stockt und man nicht mehr anders in die Magazine, Blogs oder die Regenbogenpresse kommt?
Für Organisationen wie Unternehmen, Regierungen, Vereine etc. Werden Wikileaks und der Kontrollverlust verantwortlich dafür sein, dass immer mehr im Geheimen geschieht und entschieden wird? Dass ein Mehr an Öffentlichkeit im Heute, sogar zum Transparenzverlust in Zukunft führt? Eine Diskussion, die alleine schon einen ganzen Blogbeitrag füllen könnte…
Und was heißt das letztendlich für uns „Otto-Normalbürger“? Wir kennen den erhobenen Zeigefinger: „Niemals Bilder von der feuchtfröhlichen Abifeiern ins Netz stellen und so weiter … der zukünftige Wunsch-Arbeitgeber könnte das einmal sehen, beziehungsweise er googlet sogar danach! Oder der missgünstige Arbeitskollege verwendet es einmal gegen dich …
Fazit
Wir geben alle – indem wir im Internet chatten, Accounts anmelden und so weiter – viel von uns Preis, aber das tun wir schließlich selbst und freiwillig. Schließlich haben wir, in meinen Augen, immer noch die Kontrolle über diese Daten. Andernfalls hätten wir sie ja nicht veröffentlichen müssen, wenn uns das zu heikel erscheint. Natürlich ist es so, dass man heutzutage einfach im Internet tätig sein muss, um eine Chance im sozialen oder auch beruflichen Umfeld zu haben und mitreden zu können und es gibt viele öffentlich einsehbare Daten, die jeder sehen kann – wie zum Beispiel Twitter oder Facebook, aber es gibt eben auch private Bereiche wie Mails oder Chats, obwohl man mittlerweile wohl auch dort vorsichtig sein muss. Dennoch sträube ich mich vehement gegen eine solche Post-Privacy-Ära, die ständig den öffentlichen Diskurs streift. Es ist unmöglich zu behaupten, dass Datenschutz nicht mehr möglich sein werde und auch nicht mehr nötig sein werde.